Eröffnungsrede: Standortvorteil NRW – Partner und Perspektiven – Logistikkongress, 3. September 2013

Verehrte Gäste,

die Begrüßung dieses hochrangigen und kompetenten Kreises wird protokollgemäß unser Freund Erich Staake übernehmen. Was ich mache, ist Vorspiel zu seiner Eröffnung. Ich will ihm danken für die erfolgreiche und unermüdliche Bearbeitung des Themas, das uns zusammenführt. Das Thema Logistik ist im Kreis der Ruhr-Wirtschaft in seiner ganzen Bedeutung erkannt und gewürdigt. Dank seines Wirkens.

Herr Minister Duin, schön, dass Sie hier sind. Im September letzten Jahres am Düsseldorfer Flughafen haben Sie uns auch mit Ihrer Aufmerksamkeit beehrt.

In Düsseldorf habe ich einen Satz von einer Tafel im Dortmunder Technologiepark zitiert. Keine fünf Kilometer von hier, im Eingangsbereich des Fraunhofer-Institutes, liest man: „Der leere Raum ist der ideale Raum der Logistik“. Wie einfach, wie klug. Das Thema der Logistik ist nicht die Beschaffenheit der Dinge. Logistik entsteht nicht nur am Reißbrett. Sie betrachtet gern auch gewachsene Strukturen. In der Natur funktioniert vieles seit Millionen Jahren erfolgreich.

Logistik ist Beschreibungssprache für Sachen und Kräfte, die sich bewegen. Sie interessiert sich für Zwischenräume. Sie findet Muster, die auf verschiedene Anwendungen passen. Ein Verschiebebahnhof, eine Mars-Mission oder ein Kongress wie dieser sind logistische Aufgaben. Sie können voneinander lernen. Kaum irgendwo sonst in der Wissenschaft sind Analogien so fruchtbar.

Nehmen Sie mein Beispiel als musikalische Einleitung. Leonhard Bernstein – Komponist und Dirigent – hat einmal, ohne es ausdrücklich zu wollen, den inneren Sinn der Logistik erklärt. Es ging um Beethovens Fünfte Sinfonie. Das berühmte Anfangsmotiv („Ta,ta,ta,taaaaa…“), kennt jeder. Unzählige fragten sich, worin das Geheimnis dieser simplen Tonfolge besteht. Anton Schindler (früher Beethoven-Biograf) sagte: „So pocht das Schicksal an die Pforte.“ Deshalb nennt man sie auch Schicksals-Symphonie. Wilde Theorien wurden versucht. „Quatsch!“ meinte Bernstein. „Das Geheimnis liegt nicht in den Anfangstakten. Es sind die 500, die folgen.“

Da wurde auch der musikalisch Ungeübte neugierig. Bernstein erklärte seine These: „Jeder Takt ergibt sich aus dem vorhergehenden.“ – Aber er „ergab“ sich nicht einfach so. Der Wiener Meister musste ihn suchen. Man kennt seine Skizzen. Manchmal waren zig Versuche nötig. Irgendwann ergab sich die einzig richtige Lösung. Das Werk entstand nicht im kreativen Rausch. Es wuchs heran über Versuch und Irrtum, in mühseliger Feinarbeit.

Man sieht es noch heute. Beethovens Manuskripte sind ein einziges Schlachtfeld. Nur Experten können sich zurechtfinden. Er selbst war ein schwieriger Zeitgenosse. Die Logistik seiner Umgangsformen verscheuchte viele Freunde.

Die seines privaten Haushalts ließ auch zu wünschen übrig: Im Entstehungsjahr der Fünften Sinfonie kündigten 18 Dienstmädchen ihren Job. Seine bürgerliche Existenz war ein Chaos. In seiner Musik erschuf er einen Kosmos von größter Ordnung, Kraft und Schönheit. Wenn die Musik erklingt, steht vor uns pure Selbstverständlichkeit.

Jeder Ton hat seinen Platz, jede Melodie, jeder Akkord fügen sich zu einer schlüssigen Gesamtgestalt zusammen. – Logistik pur. Was besonders fasziniert: Nichts wirkt mehr angestrengt. Man spürt keine Klebestellen oder Nähte. Nichts ist übertüncht oder geflickt. Die Proportionen sind ausgewogen und klar. Sie sind nirgendwo langweilig. Die Sinfonie ist ein mitreißendes Geschehnis in der Zeit, dynamisch und zielsicher.

Sie ist ein in Vollendung gelöstes logistisches Problem. Am Anfang nur ein leerer Raum: Das weiße Notenpapier. Dann das berühmte „Ta,ta,ta,taaaa…“, der Impuls, der alles in Bewegung setzt. Am Ende ein Ereignis von 500 genial vernetzten Takten.

Nun bin ich gespannt, was unser Treffen zustande bringt. Ich wünsche uns allen ein paar anregende Stunden.

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