„Preisverleihung: Brost-Ruhr Preis“– Erich Brost Pavillon, Zeche Zollverein, 09. November 2023

Preisträgerin:
Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie sowie
stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes NRW

Mona Neubaur

Begrüßung:
Prof. Bodo Hombach

09. November 2023

Verehrte Frau Ministerin Neubaur,
verehrter Herr Oberbürgermeister Kufen,
verehrter Herr Oberbürgermeister Tischler,
verehrter Herr Landtagsabgeordneter Mostofizadeh,
verehrte, liebe Damen und Herren!

Verehrter Herr Dr. Vesper, lieber Michael,
du warst auch stellvertretender Ministerpräsident in NRW. Wir pflegen gute Erinnerungen an unsere Zusammenarbeit im Kabinett.

Auch damals gab es verdammt viel zu tun. Ich erinnere aber weniger geistige Obdachlosigkeit, weniger organisatorische Verwahrlosung in der Republik. „Versöhnen statt Spalten“ verlangte unser damaliger Chef. Das war Motto, noch nicht Alarm und Weckruf wie heute.

Übrigens: Herr Dr. Vesper hat mich ermuntert, Sie, Frau Ministerin, anzurufen.

Jede Preisverleihung hat ihre Liturgie. Und setzt einen eigenen Akzent. Herbert Reul war der erste Ruhrpreisträger. Die Bürger hatten ihn vorgeschlagen. In Umfragen ging es um ihr Sicherheitsgefühl.
Auffällig oft fiel sein Name. Das war dann auch 2020 die Inschrift des Preises: „Der sich um unsere Sicherheit kümmert.“ 2021 würdigten wir Fritz Pleitgen mit „Der dem Revier Bild und Stimme gegeben hat.“ 2022 die großartigen Palliativ-Medizinerinnen Dr. Marianne Kloke, Dr. Ferya Banaz-Yasar und Dr. Nicole Selbach „Für Ihren herausragenden Beitrag zur Menschlichkeit unserer Gesellschaft.“

Diesmal fragten wir Wirtschaftsakteure. Da war wenig Optimismus. Aber es gab auffällig gute Bemerkungen über die Landesregierung und Ministerin Neubaur. – Gegen den Verdruss-Trend. Das machte neugierig. Wir fragten gezielter nach. Die gute Nachrede verstärkte und stabilisierte sich. Ich finde: Das darf man preisen!

So gravierte der Bochumer Künstler Markus Kiel in die von ihm entworfene Trophäe für Ministerin Neubaur „Eine, auf deren Unterstützung das Ruhrgebiet in schwieriger Zeit bauen kann.“

Wir meinen: Ehre, wem Ehre gebührt! Mit einem Gegenstand für die Vitrine. Mit einem gemeinnützig bestimmten Betrag. Mit einer kleinen Festlichkeit. Es ist nur eine Geste, aber auch ein Signal. Vor allem ist es Dank an eine Frau, die es nicht auf der Tribüne hält, sondern die sich aufs Spielfeld wagt. Mit vollem Risiko.

Wir haben solide Zeugen mit eigenem Wissen. Sie werden sie im Video sehen. Bis auf Frau Becker und die etwas verspätetet kommende Frau Reiche sind diese Persönlichkeiten auch live hier.

Dann kommen wir zum Höhepunkt. Der Laudator Herr Christian Kullmann wird noch viele gute Gründe wissen und sein Plädoyer halten. Ein Urteil sprechen Sie alle. Ich glaube, Frau Neubaur wird nicht in Berufung gehen.

Wir werden die Ministerin auch selbst hören. In kompetenter Runde.

Liebe Gäste,
in Goethes „Dichtung und Wahrheit“ stehen kluge Sätze. Einer geht mir zurzeit besonders nach: „Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen, Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstande sein werden. Wir fühlen eine Sehnsucht nach dem, was wir schon im Stillen besitzen.

„Wow!“ – Auch unsere Projekte wollen Vorboten desjenigen sein, was wir zu leisten imstande sein können. Dazu hoffen wir auf Politiker und Politikerinnen der besonderen Art. Frauen und Männer mit Eigenschaften, mit Verstand, Herz und Hand für das allgemeine Wohl. Man muss es wollen. Man muss es können. Man muss es tun.

Geschick auf dem Spielbrett der Politik gehört dazu. Die wendige Dame neben dem bewegungseingeschränkten König. Läufer über große Distanz. Türme vernünftiger Prinzipien. Und Springer – auch mal bereit, um die Ecke zu agieren.

Man hat Schachspielern mal eine Brille aufgesetzt. Die registrierte Augenbewegungen. Der schlechte Spieler starrte nur auf die Figuren und kämpfte freudlos. Der gute Spieler sah vor allem die Zwischenräume und Einflusszonen. Er knüpfte ein intelligentes, sogar schönes Netz aus möglichen Wirkungen . . . mit Freude am Spiel.

Kürzlich sagte im Radio ein Bauer: „Wir brauchen keine schwarze, rote, gelbe oder grüne Zukunft, sondern den Blick auf die nächste Ernte.“ Der sprach mir aus der Seele.

Liebe Gäste,
ich spreche sicher auch in Ihrem Namen: Wir freuen uns über jede Könnerin und jeden Könner in der Politik. Die sind nicht auf die Fehler des Gegners angewiesen. Sie überzeugen durchs eigene Konzept. Sie fragen im unvermeidlichen Dilemma nicht „Was trennt uns?“, sondern „Was führt uns zusammen?“
Die haben das Wort „alternativlos“ aus ihrem Wörterbuch gestrichen. Für sie ist Pragmatismus eine Tugend. Mit Sinn für Zwischenräume und -töne. Mit Lust auf Reales und Realität. Niemand sollte am Ende sagen: „Wenn das die Lösung ist, dann will ich lieber mein altes Problem zurück!“

Der Horizont unserer Welt verdüstert sich. Das Ausmaß und Tempo konnten wir uns noch vor kurzem nicht vorstellen. Wir werden von der Nachkriegszeit in die Vorkriegszeit politisiert, gesendet und geschrieben.

Es heißt, der Gruß der Kaufleute sei das Klagen. Das gegenwärtige Wehklagen ist ganz sicher keine Hypochondrie! Aber Apokalyptiker nützen zu nichts. Die leben von Problemen. Sie lösen keines. Hoffnung ist kein nettes Gefühl, sondern Motivation.

Als man den großen Historiker Gordon A. Craig nach der Quintessenz seines Forscherlebens fragte, sagte er: „Im Dunkeln leuchten die Sterne.“ Er dachte sicher nicht an Weihnachten. Aber wer staunt demnächst nicht über ein Fest, in dem Engel singen, vom Frieden aller Menschen, die guten Willens sind.

Ist das Wirklichkeitsverlust? Oder auch hier: „Vorgefühl der Fähigkeiten, die in uns liegen?“ Auf jeden Fall ein trotziges Argument für alle, die das Menschliche nicht aufgeben wollen.
Ich danke Ihnen und freu mich auf das, was kommt.