Das Ruhrgebiet – Ein Erfolgsmodell für Europa?

Einführung:
Prof. Bodo Hombach

Gastreferenten:

Hildegard Müller
Bärbel Bergerhoff-Wodopia
Rolf Buch
Bernd Tönjes
Michael Mronz
Armin Laschet

30. Juni 2021

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Verehrte Gäste, Zuhörende und Mitwirkende,

ich fühle mich Wohl in dieser coronabedingt „konspirativen“ aussehenden Versammlung.  Sie hat großes im Sinn :  die gute Zukunft unserer Region. Dazu gehört ihr Platz im großen Konzert Europas.

Welches Instrument soll sie spielen? Soll sie Holz oder Blech zum Klingen bringen, oder gelegentlich auf die Pauke hauen? Wir liefern zu zur Partitur. Harmoniefähige Vielstimmigkeit  ist gefragt.

Gesucht wird : dynamische Wachsamkeit, Kreative Ungeduld – beim Brückenbau. Bündnisse erzeugen Hebelwirkung.  Kein Talent vergeuden. Wir brauchen langen Atem. In Europa wie im Revier.
Jeder Schritt in Richtung Supranationalität muss die Regionalität und Verwurzelung kräftigen.
Nur dann gehen ihn die Leut’ mit.

Das vitale Miteinander unterschiedlicher -Ethnien, -Schichten -und Geschichten war im Ruhrgebiet schon immer „besonderes Kennzeichen“.

Im Schacht oder am Hochofen zählten Verlässlichkeit und wortkarger Zusammenhalt. Schon unter den Kindern in der Siedlung wurde schnörkellos geredet: „Mamma!“ ruft der Knirps. „Komma an‘t Fenster. Dä Lorenzo  glaubt nich‘, datte schielz!“

Wer solche Alleinstellungsmerkmale zur Ausgrenzung missbraucht, schießt sich ins Knie. Es ist ein Menschlich-Buntes Konzert. Dass Regierung und Ruhrkonferenz zusammengefunden haben, verdient Anerkennung.

Die Hungerstrecke mangelnder Zuwendung und begehrlicher Missverständnisse ist vorbei. Das ist gut und tut gut. Wir sind hier „on top“ vom Weltkulturerbe. Gestern vollkommene Metapher der Industriellen Revolution.

Eintrag menschlicher Energie in die Tiefe und Förderung von Energie aus der Tiefe. Die Mittel: Arbeitskraft, Erfindungsreichtum und Zusammenhalt. Das war eine große Geschichte. Schon früh ging es um Lebensqualität, Entstaubung der Luft und des Denkens.

Es ging um Integration schroffer Gegensätze, pulsierende Logistik unterschiedlicher Kräfte
Begrünung der Landschaft- Aber: zementiertes Wissen : Man kann nur ausgeben was erwirtschaftet wird. Die Ruhr-Metropole ist seit langem auch  Hotspot der Kultur – verdichtet auf engem Raum.

Aus Bildungskatastrophe wurde ein Netz von Universitäten und Fach-Hochschulen – gern im dualen System von Forschung und Anwendung.  Die Handelsbilanz von Fachkräften ist noch negativ.
Wir bilden junge Wissenschaftler und Ingenieure aus, die anderswo Jobs finden. Das darf sich ändern.

Unser Revier war lange pumpendes Herz Europas. Dann kam – ich bleibe im Bild – eine bittere
Phase der Insuffizienz. Längst helfen Schrittmacher, Blutverdünner und ohne Bypass geht’s nicht.

Ich kann nicht mal versuchen alle Initiativen aufzuzählen, welche die Spannungen der Industrieregion zu mildern versuchen. Die hier versammelten Personen haben damit zu tun. Ökonomie und Ökologie gemeinsam zu denken,  war hier nie fremd.

Frühe Versäumnisse vernarben – noch spürt man die. Strukturanpassung ist hier nicht Kür, sondern Pflicht.  Zwänge stellten sich früher und schärfer. Manche Probleme hier gelten als interessanter als anderswo Lösungen. Die Region ist Teststrecke und Windkanal.

„Modell für Europa“ – Das greift hoch ! aber: nur so kann man wachsen. Was hier gelingt, wird nirgendwo scheitern. Ein Ministerpräsident, der sich auf diesem Trampolin eingesprungen hat,
wird in Berlin gut landen und bestehen.

Nach Adenauer endlich mal wieder: „einer von uns“ fürs ganze Deutschland! Die Transformation von Vergangenheit in Zukunft ist auf dem Band. Wir brauchen kein Quantum Trost, aber sicher ein Quantum Fairness!

Der „Jetstream“ Strukturhilfe muss nicht nur von West nach Ost fließen. Warum nicht künftig dorthin, wo es besonders nötig ist? Solidarität gilt für jede Himmelsrichtung.

Wir haben großartige Leute. Herr Tönjes ist Frontmann der RAG er war Vorsitzender des Initiativkreises Ruhr: ein Gesicht des Strukturwandels zwischen Ewigkeitskosten und Zukunftsmotorik. Herr Buch nahm den Stab auf und wird ihn mit gleichem Elan weitertragen.

Amerikaner erzählen sich einen sarkastischen Witz: Klagt einer dem Arzt, dass er nur Stress und keine Zeit habe. Der Arzt: „Ziehen sie nach South Dakota“ »Wird es da besser?«  »Ja ……die Zeit wird Ihnen da unendlich lang vorkommen.«

Wir hier arbeiten daran, dass diese Bösartigkeit nie über unsere Heimat erzählt werden wird.
Hier gilt: Es kommt uns länger vor als anderswo: weil: ….hier soviel passiert! Ich wünsche unserem Treffen nachhaltige Folgen und Danke herzlich.

Mit freundlichen Grüßen
Bodo Hombach