„Dauer-Ausnahmezustand!? Gesellschaftliche Folgen der Corona-Krise“

Begüßung von

Prof. Bodo Hombach

25. Februar 2021

Meine Damen und Herren, verehrte Gäste und Zuschauer,
vielleicht ist nicht das Virus der Ausnahmezustand, sondern unser Umgang damit. Auch zivilisatorisch hochgerüstete Staaten sind nach einjähriger Geldflut und Maßnahmen erfolgsarm geblieben:

• 70.000 Opfer sind zu beklagen,
• weite Teile der Wirtschaft gehen in die Knie,
• Kultur und Bildung nehmen schwere Schäden.
• Der soziale Seelenzustand scheint ernsthaft angefressen.

Ein Virus führt uns vor. Die Pocken-Pest wurde irgendwann durch Impfung besiegt und die schwarze Pest durch Medikamente eingeholt. Darauf hoffen und warten jetzt alle.

Unsere Administration ist bisher dieser Aufgabe nicht gewachsen. Die der EU schon gar nicht. Unsere Medien verbreiten Hoffnungslosigkeit. Das, wo doch die Wissenschaft sensationell schnell Impfstoffe vorgelegt hat. Wir wälzen und klicken Probleme, statt Lösungen. Es gibt Staaten, welche den Vor- und Fürsorge- Schlamassel pragmatisch überzeugender gehändelt haben. Viele ähneln dem Menschen, der nachts unter
der Straßenlaterne seinen Hausschlüssel sucht. Dort hat er ihn zwar nicht verloren, aber da ist wenigstens Licht.

Ich bitte um Nachsicht. Wir karten heute nicht nach Versäumnis und Schuld. Wir fragen
nach den gesellschaftlichen Folgen. Was kann man tun, um mental infektiöse Entwicklungen nachzuverfolgen? Welche Erfahrungen helfen gegen die nächste Ansteckungswelle?

Das Quantifizierbare in Wirtschaft und Finanzen ist Spitze des Eisbergs. Unter der Sichtlinie ist mehr wahrnehmbar:

• Gestörte und brutal beendete Biografien.
• Manche individuelle Lebensplanung gerät aus dem Takt oder ist plötzlich Makulatur.
• Ein Jahr Kultur- und Schulungs-Brache ist nicht per Schalter oder Knopfdruck wiederzubeleben.
• Auch gesellschaftliches Gewebe wird ohne Blutzufuhr und Beatmung nekrös.

Die Pandemie ist traumatische Erfahrung. Sie ist von der durchorganisierten, säkularen und selbstsicheren Gesellschaft kaum integrierbar. Als Kränkung ins Unterbewusstsein verschoben, wird sie noch lange Flashbacks erzeugen. Sie wird irrationale Erreger in den gesellschaftlichen Kreislauf streuen.

Wir wissen, wie Menschen reagieren, die Vertrauen in die Verlässlichkeit der Strukturen und die Kompetenz der Entscheidungsträger verlieren.

Bei harmlosem Verlauf werden sie die erwählen, die Notwendigkeiten besser erkennen, erklären und umsetzen. Also die, die den Glauben an die Machbarkeit der Verhältnisse erhalten. Die Geschichte kennt auch Krisen, die nicht schnell genug ausgelöscht wurden und deshalb irrationale Epidemien im Gefolge hatten.

Was kommt auf uns zu? Darüber redet man am besten mit Leuten, die etwas zu sagen haben. Nicht nur qua Amt, sondern vor allem qua Kompetenz. Ich begrüße zu diesem Zweck sehr herzlich hervorragende Persönlichkeiten:

Frau Prof. Dr. Christiane Woopen, Medizinethikerin und Vorsitzende des Europäischen Ethikrates, geschäftsführende Direktorin einer bedeutenden und zuständigen Institution in unserer rheinischen Nachbarstadt.

Den philosophischen Ansatz hat Prof. Dr. Markus Gabriel vom Lehrstuhl für Erkenntnistheorie, Philosophie der Neuzeit und Gegenwart der Universität Bonn.

Moderieren wird Michael Hirz, Journalist und Moderator, ehemaliger Programmchef von phoenix. Ein Sender, der Gebühren wert ist.

Ihnen großen Dank und freundliches Willkommen, auch an die Zuschauer, die sich später zu Wort melden können.

Herr Hirz, ergreifen Sie das Ihrige.