„Volle Kraft voraus? Zum Stand der deutschen Energiewende“ – BAPP, 17. November 2016

Diskussionsveranstaltung

„Volle Kraft voraus? Zum Stand der deutschen Energiewende“

Begrüßung Prof. Bodo Hombach

Bonn, 17. November 2016

Sehr verehrte Damen und Herren,

wir haben es schon erlebt: Eine Gesellschaft in angeregter Stimmung. Einer kündigt einen tollen Witz an. Man ist gespannt. Aber es geht schief. Die Dramaturgie misslingt. Er verhaspelt sich beim Aufbau der Geschichte. Er ist geschwätzig. Er tritt breit anstatt zuzuspitzen. Er vergeudet die Pointe, indem er selbst schon vorauseilend lacht.

Ein lausiger Erzähler versteht es, auch den besten Witz zu verderben. Alles wird misslich. Die Wirkung verflacht oder bleibt völlig aus. Was stark und erwartungsvoll begann, wird zur verpassten Gelegenheit. Die gute Stimmung ist verdorben. Das fällt mir beim Thema deutsche Energiewende ein. Auch die hat gewaltig begonnen und inzwischen viel Schwung verloren. Das Projekt hätte unsere Mondlandung werden können. Man erinnert sich, dass John F. Kennedy seinen Landsleuten zurief: „Es ist unmöglich, aber in zehn Jahren werden wir es schaffen!“ Kennedy wusste: Auch das Machbare und Notwendige braucht Aufwind. Auch eine motivierende Vision braucht jemanden, der sie den Leuten vermitteln kann.

Sie haben es schon gehört: „Wenn du willst, dass die Leute ein Schiff bauen, dann kippe ihnen nicht einen Haufen Holz, Eisen und Tuch vor die Füße, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem Meer!“

Visionen sind nicht in Mode. Das Unmögliche zu wollen, um das Mögliche zu erreichen, gilt als naiv. Bert Brecht ließ einmal den „Lob des Zweifels“ singen. Darin zählte er auf, wie oft der bestehende Zustand als endgültig und unerschütterlich galt. Dann kam ein Zweifler. Das Alte wurde doch durch das Neue ersetzt.

Unsere offene Gesellschaft hat Vorteile. Man kann Ideen angstfrei äußern. Es entsteht ein Überfluss an Alternativen. Man kann wählen. Wenn was falsch war, kann man den Kurs korrigieren.

Die offene Gesellschaft hat auch Nachteile. Neue Ideen brauchen Zeit. Sie stoßen auf Unverständnis und Widerstand. Der äußert sich ebenfalls angstfrei. Es geht nicht nur um die Sache. Sachfremde Interessen mischen sich ein, meist nicht mit offenem Visier.

Parteipolitische Rituale treten auf die Bremse. Unmöglich, dem Gegner zuzustimmen, nur weil er Recht hat. Zuletzt türmen sich auch noch bürokratische Hindernisse auf. Erbsenzähler und Regelwerker agieren im Nebel ihrer Wichtigkeit nach dem Motte des Mephisto: „Drum besser wär’s, wenn nichts entstünde.“ Das ärgert Ungeduldige. Längst mischen sich Ideologen ein. Sie erklären die Welt aus einem Punkt. Wer ihnen nicht aufs Wort glaubt, gilt ihnen als Dummkopf oder Bösewicht. So machen sie es auch den Wohlmeinenden schwer, Neues positiv zu vermitteln.

Man kann bekanntlich einer guten Sache keinen schlechteren Dienst erweisen als sie mit schlechten Argumenten zu verteidigen.

Wer Neues partout nicht will, findet Argumente. Wer Neues will, findet Wege. Keine wirklich gute Idee war auf Dauer zu unterdrücken. Als sich der Hohe Rat von Jerusalem vor den Aposteln ereiferte, sagte ein Weiser: „Ist es Menschenwerk, wird es von selbst vergehen. Ist es Gotteswerk, können wir es nicht verhindern.“

Ob die deutsche Energiewende „Gotteswerk“ ist, kann ich als Nicht-Theologe nicht entscheiden. – Ist sie eine gute Idee? „Im Prinzip ja“, würde Radio Eriwan sagen. – Ist sie gut gemacht? Da gibt es ein paar Zweifel und Fragen.

Die prinzipielle Frage scheint beantwortet.

  • Es geht um die Ausführung, um Technik, Logistik, Finanzierung und Tempo.
  • Es geht um globalen Wettbewerb. Wir fragen uns, wo wir da stehen.

Die Energiewende wird dieses Jahrhundert beherrschen. Wir wollen zu den Regisseuren und Hauptdarstellern gehören. Wir wollen uns nicht mit der Komparserie begnügen.

Ich freue mich schon darauf, die Geschichte der Energiewende gekonnt erzählt zu hören. Unsere großartigen Gäste werden keine Pointe vergeuden.

Liebe Gäste,

Sie spüren, wie begierig ich auf den Vortrag von Dr. Müller warte. Ich begrüße auch in Ihrem Namen Herrn Dr. Werner Müller, Bundeswirtschaftsminister a. D. und Vorstandsvorsitzender der RAG-Stiftung.

Ich freue mich, dass der leitende Redakteur bei Phoenix, Herr Michael Krons, die anschließende Diskussionsrunde moderieren wird. Er wird die verehrten Gäste, Herrn Dr. Kalkoffen, Herrn Landtagsabgeordneten Priggen und Herrn Wetzel ausführlich vorstellen.

Eine Gewissheit haben wir schon jetzt: Wir werden diesen Raum klüger verlassen, als wir gekommen sind. Dafür vorauseilenden Dank.