„Mymuesli.de“ – Handelsblatt, 11. Oktober 2013
Es war einmal… Drei junge Burschen saßen an einem Ausflugsee und schmiedeten Pläne. Bisher wussten sie nur eines: Sie wollten eine Firma gründen und selbständig sein, mit möglichst geringen Risiken und möglichst guten Chancen. Da brachte sie der Blick in das stille Wasser auf eine Idee.
Täglich und überall auf der Welt stehen die Leute im Supermarkt vor dem Müsli-Regal und suchen nach der Mischung, die ihnen am besten mundet und der sie ihren ganz persönlichen Einstieg in den Tag anvertrauen wollten. Zwar gab es einige Varianten, aber immer zwang sie das schmale Angebot zu ärgerlichen Kompromissen. Nüsse, Körner, Trockenfrüchte, gewalzt, gepresst, geschreddert: Immer blieben Wünsche übrig, denn immer war es konfektionierte Massenware im Durchschnittsgeschmack. Und die Körnermühle in der eigenen Küche war nur die Illusion einer Lösung.
Wie wäre es, überlegten die drei Möchtegern-Gründer: Die Leute bestellen per Internet ihr individuelles Müsli. Wir bauen die Mischmaschine, eine Art Geschmacksorgel mit beliebig vielen Registern aus Körnern, Nüssen, Rosinen. Jeder bekommt seine „custom-made cereals“, seinen gesunden Frühstückskick, exakt und allergenfrei angepasst an die Geschmacksknospen seiner Zunge und die Erfordernisse seiner Peristaltik.
Die Drei gründeten ihre Firma. Sie begannen mit Tüten. Sie steigerten sich zu Säcken. Heute ordern sie im Lastwagen. Jeder Kunde wird pünktlich beliefert. Er bezahlt gern und fühlt sich beschenkt. Sein Frühstück ist ok. Der Tag kann beginnen.
Das pfiffige Trio erhielt den Gründerpreis 2013. Das Unternehmen macht Millionenumsätze und beschäftigt eine wachsende Belegschaft. Mehr noch:
Der Blick ins stille Wasser des Ausflugssees war tief. Er erkannte den Wesenskern einer neuen industriellen Revolution. Sie setzt nicht mehr auf das einheitliche Massenprodukt, das am Fließband entsteht und dem sich auch der Verbraucher unterwirft. Sie produziert die angepasste Lösung, individuell, lokal und flexibel, dann allerdings intelligent vernetzt und logistisch optimiert. Einheitsbrei ist out.
3D-Drucker, urbanes Gärtnern, genossenschaftlich strukturierte Energiewende sind die Signale der neuen Zeit. Wer’s rechtzeitig kapiert, ist dabei.