Rede: Hall of Fame der deutschen Forschung (Motivationsveranstaltung manager magazin) – Initiativkreis Ruhr Essen, 16. Dezember 2012
Essen,16. Dezember 2012
Verehrte Damen und Herren,
im Namen des Initiativkreises Ruhr grüße ich Sie herzlich.
Vor 33 Tagen fand hier erstmals im Revier der IT-Gipfel statt. Diese Branche agiert wie kaum eine andere im Stellwerk der Zukunft. Sie sendet ein Innovationssignal. Das wollen wir wegen der aktuellen Nachrichtenlage im Ruhrgebiet zukunftsfroh empfangen. Dass wir Industrie- und Energieland sind, weiß man. Mit gleicher Kraft wollen wir Innovationsland werden. Diese Veranstaltung gehört dazu.
Danken möchte ich Dr. Balzer und dem von ihm geführten manager magazin. Auch dafür, dass diese großartige Motivationsveranstaltung erstmals im Revier stattfindet.
Solche Zeiten sind Pionierphasen. Es belebt, dabei zu sein. Wir hier sind seit Beginn der Industriealisierung im ständigen Strukturwandel geübt und gestählt.
Sie sind zu einem wichtigen Ereignis an einen bedeutenden Ort gekommen. Vom Ereignis war und wird noch die Rede sein. Ich werde vom Ort sprechen.
Sie sehen links den meist fotografierten Förderturm: Symbol des alten Ruhrgebiets, ein vollkommenes Junktim von Form und Funktion: „for ever young“ nicht die Funktion, aber die Idee: Auch Gestaltung braucht Innovation. Die UNESCO hat diese Anlage zum Weltkulturerbe erklärt.
Metalltürme als Mythos des Reviers. Turmbau folgt einem archaischen Impuls des Menschen: Über sich hinauswachsen, Rund- und Überblick haben. Ein Zeichen der Macht setzen.
Manche waren umstritten: Ein prominenter Pariser Bürger bekämpft wütend den Eiffelturm. Eines Tages entdeckten ihn Freunde auf dessen Spitze, seinen Kaffee trinken. Er erklärte sich: „Dies ist der einzige Ort, wo ich das verdammte Ding nicht sehe.“
Unsere Türme haben eine zweite Dimension. Sie weisen nicht nur nach oben, sondern ebenso stark nach unten. Dem Aufstieg in die Höhe entspricht der Abstieg in die Tiefe. Es waren Werkzeuge von Größe und dynamischer Kraft. Sie erzeugten unablässige Bewegung.
Hier bestiegen Bergleute den Förderkorb. Sie vertrauten sich der Technik an. Mit enormer Schnelligkeit wurden sie ins Dunkel des Schachtes abgelassen. Hier kam auch der Bodenschatz ans Licht. „Anonyme Skulpturen“ nannten das Künstler-Ehepaar Bernd und Hilla Becher diese Industriebauten.
Wir zweifelten keinen Moment: Hier ist der richtige Ort, ein kleines Fest der Wissenschaft zu feiern.
Jede Forschung ist der vertikale Kontrapunkt zur horizontalen Lebensbewältigung der Menschen. – Im Alltag sammeln wir breite Eindrücke ohne viel Tiefgang. Die Wissenschaft bohrt in die Tiefe oder Höhe. Sie will von Wenigem alles wissen. Das Abtauchen ins Unbekannte, oft Bedrohliche, aber auch Verheißungsvolle. Auftauchen mit einer Erkenntnis, die schon den Keim eines neuen Zweifels enthält. Jeder neue Gedanke hat alle anderen nötig, die ihm vorausgehen.
Ich will die Metapher des Turmes nicht überstrapazieren. Aber, wenn ich ihn sehe, weiß ich wieder: Das Ruhrgebiet hat mehr zu bieten als 150 Jahre Strukturwandel.
Sein langer Sturz in die Zukunft ist nicht einsam und menschenfremd.
Das Ruhrgebiet ist besiedelt von Zeugnissen seiner Kraft. Auch von Landmarken seiner Geschichte. Es war nicht nur Funktion, sondern auch ständige Suche nach einer gültigen Form.
Es ist ein guter Ort, neueste Forschung zu treiben. Ich bin immer überrascht, zu welch neuer Hochform alte Wertstoffe und Verfahren auflaufen können. Hier ist auch ein guter Ort, inne zu halten, um ein Fest zu feiern.
Seien Sie herzlich willkommen!
Ich habe die Freude und Ehre, an unsere Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung, Frau Svenja Schulze, zu übergeben.