„Strom und Energiepreise in Europa – Perspektiven für eine bezahlbare Zukunft“ – FUNKE Event-Center Essen, 30. September 2025
Pre-Event
zum
Zukunftsforum NRW – Niederlande 2025
Strom und Energiepreise in Europa
Perspektiven für eine bezahlbare Zukunft
FUNKE Event-Center
Begrüßung
Prof. Bodo Hombach
30. September2025
Unser Thema korreliert zutreffend Energie und Zukunft. Ob „bezahlbar“ Realität wird oder Appell bleibt, muss sich erst erweisen. Dazu leihe ich mir vom großen Philosophen Karl Popper den Satz: „Optimismus ist Pflicht. Aber er darf nicht naiv sein.“
In diesem Sinne begrüße ich höchst kompetente Informanten auch in Ihrem Namen sehr herzlich Resi Becker, CEO von Essent, Britta van Boven, Geschäftsführerin der Gasunie und Dr. Markus Krebber, Vorstandsvorsitzender der RWE.
Demnächst treffen sich traditionell in Noordwijk Vordenker und Macher aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die einen zeichnen Zukunftsbilder, die anderen sorgen dafür, dass sie nicht im Ordner verschwinden. Von einer Vorveranstaltung wie dieser vermutet man es sei, was man im Kino ‚Vorfilm‘ nennt. Heute ist das anders. Die Zukunft fängt vor dem Abspann an. Hier diskutieren wirkmächtige Hauptdarsteller. „Energie ist alles“ hinterließ uns Einstein. Alle großen Fragen verdichten sich in unserem Thema.
In der Energiepolitik laufen die Fäden zusammen. Sie ist die Grammatik, die in der Zukunft geschrieben wird. Hannah Arendt würde sagen: “die Bedingung der Möglichkeit von Handeln.“ Hier entscheidet sich, ob wir Zukunft gestalten oder von ihr gestaltet werden. Das ist Gesellschaftspolitik im Kern. Mein generalistischer Blick ist folglich erlaubt.
Der Protagonist deutscher Aufklärung, Ludwig Börne lebte auch in nervöser Umbruchszeit. „Ehe eine Zeit aufbricht und weiterzieht“, so Börne, „schickt sie immer fähige und vertraute Menschen voraus, ihr das neue Lager abzustecken.“ Neue Schritte sind vernünftig, wenn sie für große Mehrheiten verständlich und bezahlbar sind. Das bewahrt Demokratie. Handeln und Wirtschaften mit falscher Kostenrechnung ist nicht vernünftig. Auch dazu hatte Ludwig Börne einen klugen Spruch „Man verlernt leicht das Rechnen, wenn die Folgen der Rechenfehler nur auf andere fallen.“
Wir finden uns in einem Land, das gegenwärtig wenig gestaltet und viel verwaltet. Früher nannte man uns „Schwerfälliger Tanker“. Heute liegt der verunsichert im Hafen. Die Besatzung ist gelangweilt und frustriert. Sie muss auf neue Formulare warten. Bürokratie wurde noch einmal bürokratisiert. Unsere blockierte Gesellschaft entstand durch betreutes Debattieren, durch verordnete Weltanschauung, durch regelnde Besserwisserei, auch durch Moralisierung der Energiepolitik.
Aber die Knoten lockern sich. Es verbreitet sich der Wille, lang ertragene Fesseln zu sprengen. Sozialpsychologen definieren „Reaktanz“ als neues, hoch relevantes, prägendes Massenphänomen. Das ist zunächst individuelles Aufbäumen gegen Bevormundung. Zunehmend kollektiviert es sich. Dahinter steht Motivation zur Wiederherstellung eingeengter oder eliminierter Freiheitsspielräume.
Kant unterschied zwischen dem „moralischen Politiker“ und dem „politischen Moralisten“. Sein freundlicher Handschlag galt dem Ersteren. Dem Zweiten begegnete er mit skeptischem Scharfblick. Der politische Moralist traktiert seine Zeitgenossen und die Öffentlichkeit mit Glaubenssätzen. Er hält sich für den Inhaber letztgültiger Wahrheiten. Sein Horizont verengt sich zum Standpunkt.
Je mehr der sich als falsch und schädlich erweist, desto wütender fordert er Kontrolle und Unterwerfung. Er vertieft Gräben. Er löst eine Abwärtsspirale aus. Wehe dem Staat und der Gesellschaft, wo der an die Macht gewählt wird. Moralische Politik besteht auf dem Junktim von Macht und Verantwortung. Sie ist wirklichkeitssüchtig und pragmatisch. Sie prüft alles und bewahrt das Gute. So ist sie fehlertolerant und öffnet damit der Zukunft Türen.
Der Horizont wächst. Der in diesem Sinne moralische Politiker, Manager und Bürger treiben die Aufwärtsspirale. In seinem Poesiealbum steht der Spruch „Ich könnte nicht nationalistisch sein. Die ganze Welt ist mir ja schon zu klein.“ Wir wollen nicht naiv sein. Ein schönes Konzept ist noch keine praktische Politik. Wir sind rohstoffselektiv nicht rohstoffarm. Aus Alternative wurde alternativlos. Im politischen Hauptbuch sind Soll und Haben gegenwärtig nicht ausgeglichen. Es gibt fremdverschuldete Ereignisse. Und es gab und gibt selbst verschuldete Versäumnisse.
In der Nachkriegszeit eingeschlafen, sind wir in der Vorkriegszeit aufgewacht. Ökonomische Hasardeure schreddern den globalen Wettbewerb. Im allgemeinen Grundrauschen des medialen- Mainstream ist abwägendes Denken geschäftsschädigendes Verhalten. Das erinnert mich manchmal an den wütenden Wanderer: „Meine Karte ist richtig. Die Landschaft ist falsch.“ Hier und heute ist das völlig anders Landschaft und Karte gleichen einander.
Ich habe mit Popper begonnen. Ich kannte ihn gut. Er soll mir auch das letzte Wort leihen: „Optimismus ist Pflicht“, sagte er lächelnd. Bei unserem Thema hätte er beharrt: „Realismus ist Pflicht“ aber verschmitzt hinzugefügt: „…und Geduld auch“. Also kein Vorfilm oder Vorspiel, sondern ein Versprechen.
Wir werden in 80 Minuten klüger gehen, als wir gekommen sind. Ich danke dafür – und freue mich auch deshalb auf unsere wunderbaren Gäste. Ich schalte auf Empfang.