„Verspielt Europa nicht! Ohne die EU ist Deutschland ein Zwerg“ – Diskussionsveranstaltung, 6. Februar 2025

Diskussionsveranstaltung
„Verspielt Europa nicht!
Ohne die EU ist Deutschland ein Zwerg“

Begrüßung
Professor Bodo Hombach

6. Februar 2025

Verehrte, liebe Gäste,

Wir würdigen einen wetterfesten Europäer. 40 Jahre Europa-Parlamentarier. Bitte begrüßen sie mit mir Herrn Elmar Brok. Rechtswissenschaftler mit Neigung, sich verständlich zu machen. Seine markanten Aussagen hallen nach. Leidenschaft paart sich mit Humor. Erfrischung in argumentationsarmer Zeit. Seine Netzwerke und Erfahrung werden über Parteigrenzen genutzt. Er lebt den Spruch: „Ich könnte nicht nationalistisch sein. Die ganze Welt ist mir ja schon zu klein.“ Ein Schmeichler war er nie. Das Fazit des lieben Gottes über die Ostwestfalen beschrieb jemand liebevoll grimmig: „Sie halten Wort, wie’s im Herzen steht und sind auch höflich, wenn’s nicht anders geht.“ Seine EU ist nicht GmbH oder Erziehungsanstalt. Sie ist Friedensprojekt im zänkischen Kontinent. Sie ist Lebensraum und demokratischer Traum. Er weiß, um einen Traum zu verwirklichen, muss man erwachen.

Sein Buch ist Diagnose und zugleich beschwörender Appell. 270 Seiten: „Verspielt Europa nicht! Wenn er sich Sorgen um Europa macht, geht es nicht um „Germany first“. Er warnt „Ohne die EU ist Deutschland ein Zwerg“. Seine Lebensleistung legitimiert ihn Lesezeit zu erbitten, auch wenn er uns die Leviten liest. „Die gute Zukunft soll nach dem Autor des „Kleinen Prinzen“, „Nicht vorhergesehen, sondern ermöglicht werden“.

Gerade ändert sich die Weltordnung. Sicher nicht in Richtung Ordnung. Die politische Mitte wirkt argumentationsarm und orientierungslos. Erwartungsvoll blicken viele auf die EU. Die hat Schwächen. Als G8, NATO und EU-Beauftragter für den Nachkriegs-Balkan hatte ich viel in Brüssel zu tun. Einmal seufzte mein verbündeter Außenkommissar Chris Patten. „Bodo, mit der Bürokratie hier ist es so, als wolltest du mit bloßen Händen Wasser die Wand hochschieben.“ Er war ein kluger Mann, wurde Kanzler der Universität in Oxford, geadelt und bekam Platz im Oberhaus. Wir hielten Kontakt. „Mein Balkan ist in Brüssel“, spottete ich öffentlich. Patten stimmte fröhlich zu und ein. Gleichwohl argumentierte er später deutlich gegen den Brexit. Er unterschied zwischen dem europäischen Gedanken und seiner oft kläglichen Verwaltung. „Wer Europa bewahren will, kann die nicht lassen, wie sie ist.“

Zwischen einem schlechten Witz und Europas Bürokraten Schelte gibt es einen Unterschied. Der schlechte Witz endet irgendwann. Weil Europas heute wichtiger ist als gestern, sollte die Reform nicht zum Running-Gag werden unter Wortmüll begraben. Angela Merkel meinte, „Die Europäische Union muss sich auf das Wesentliche konzentrieren. Weniger Bürokratie und mehr Effizienz sind der Schlüssel.“ „Wir müssen ein Europa aufbauen, das handelt, nicht ein Europa der Bürokratie. Wenn Europa versagt, sich zu reformieren, wird es am Stillstand zerbrechen.“ Emmanuel Macron. „Europa muss groß sein in den großen Dingen und klein in den kleinen Dingen. Bürokratie darf die Union nicht erdrücken.“ Jean-Claude Junker.

Ähnliche Appelle finden wir hundertfach im Archiv. Der alte Goethe hebt den Finger: „Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muss es auch tun“. Elmar Brok weiß: „Es ist besser, Licht zu machen, als über die Dunkelheit zu schimpfen.“ Alle ahnen: Die Lage ist ernst. In der Nachkriegszeit eingeschlafen, in der Vorkriegszeit aufgewacht.

Formierte Feinde blasen zum Sturm auf ein Europa, das mehr sein will als Wirtschaftsgemeinschaft. Ins Oval Office wurden Leute gewählt, die sich Souveränisten nennen. Supranationale Strukturen seien Knebel. “Entscheidungsfreiheit” ist deren Schlachtruf. Wer die EU als soziales Konstrukt versteht, das nicht nur Regeln der Zusammenarbeit überwacht, sondern Überzeugung vertritt, wird einsam. Administrative Durchsetzung gemeinsamer Moral- und Weltanschauung steht nicht mehr auf der Hitliste. Auch Gründungsmitglieder fremdeln damit. Die setzen eher auf Beschränkung als Ausweitung. Nationale Eigenwilligkeiten sind wieder „in“ und werden nostalgisch entstaubt.

Wir erkennen anschwellenden Rückwärtstraum „Albtraum“ für Elmar Brok. Er und unsere großartigen Gäste verweigern sich der Lähmung durch neue Vorgestrigkeiten. Elmar Brok kennt man nicht anders. Mit vollem Recht darf er Brechts „Kinderhymne“ auf sich beziehen: „Und da wir dies Land verbessern, lieben und beschirmen wir’s. Und das Schönste mag’s uns scheinen, so wie andern Völkern ihrs.“ So ist Patriotismus heute. Da wird kein Kind aus dem Bade vor die Füße von Populisten geschüttet. Friede schaffen und sichern, Machtkämpfe vermeiden, Europa als globalen Akteur stärken, Wirtschaftspolitik, die wachsen lässt.

Lieber Elmar, Lieber Herr Dr. Karas, Lieber Herr Bütikofer, schaffen wir das?
Frau Bethig von Phönix, dem Sender, der Gebühren rechtfertigt, wird uns verstehen helfen und unsere kompetenten Gäste protokollarisch korrekt vorstellen.

Ich bin sicher: Wir werden klüger gehen, als wir gekommen sind. Dafür vorauseilenden Dank.