„Wir haben lebenslänglich“ – Buchveröffentlichung im Erich Brost Pavillon, 26. November 2024

Buchveröffentlichung
Wir haben lebenslänglich – Kriminalität aus der Opferperspektive
im
Erich Brost Pavillon
Zeche Zollverein

Grußwort
Prof. Bodo Hombach

26. November 2024

Verehrte Damen und Herren,
verehrter Herr Oberbürgermeister Kufen,

Sie haben in Ihrem Kalender Platz gefunden. Das ist erfreulich und steigert den Wert dieses Treffens. Es ist Ihr „Date“ mit einem Buch. Das entstand durch die Aktivität des im „Unruhestand“ rotierenden Frank Richter. Die Brost-Stiftung hat Bewohner unserer Region nach Wohlfühlfaktoren in ihrem Lebensumfeld gefragt. Die stellten nachdrücklich das Thema „Sicherheit“ in den Vordergrund.

„Beheimatung und Identifikation“ sind eng mit Sicherheitsgefühl verknüpft. Sicherheit ist Grunddaseinsbedürfnis – fast wie die Atemluft.
Es geht um City und Hauptbahnhof. einsame Waldwege oder dunkle Unterführungen. Es geht um City und Hauptbahnhof. Also um die Zentren des urbanen Lebens. „Ballungsräume“ tendieren zur Verwahrlosung. Humane Strukturen zerbröseln. Dabei ist die Sicherheit seiner Bürger der Hauptzweck jedes staatlichen Gebildes, sollte man meinen.

Mit dem Negativ-Erlebnis-Schock ist für ein Opfer von Kriminalität alles schlagartig anders. Das Selbstverständlich versteht sich nicht mehr von selbst.
Durch Kriminalität gedemütigte Menschen sind dann für längere Zeit oft nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie können als freie und selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger erlöschen. Wo das Sicherheitsempfinden bedroht ist, tröstet keine Statistik. Der Täter bekommt seine Schlagzeile und Aufmerksamkeit. Opfer werden vergessen. Sie sprechen Gesellschaft und Staat die innere Kündigung aus.

Ideologisch-moraline Eiferer verstellen und behindern zu oft pragmatisches, energisches Handeln gegen Kriminelle. Freiheit gegen Sicherheit auszuspielen, ist unredlich und ein demagogischer Trick. Freiheit und Sicherheit bedingen einander. Sie gehören zusammen. Chronische Verletzung des Rechtsempfindens gefährdet den Rechtsfrieden. Die zersetzende gesellschaftsschädliche Dimension von Kriminalität wird aus der Opferperspektive so richtig offenbar. Diese Perspektive würde auch Medien Zum akzeptierten Realitäts-Spiegel der pluralen Gesellschaft machen. Es gilt Sachen und Ansichtssachen klar zu benennen.

Schönfärbereien oder gar Verleugnung sind Wahlhilfe für die AfD. Eine aufgeklärte Gesellschaft kann Stress ertragen, aber nicht unbegrenzt. Beim Vorbeugen und Nachsorgen sollten wir nur mit dem Bestmöglichen zufrieden sein. Wenn unschuldige Opfer sagen: „Egal, wie das Gericht entscheidet, wir haben immer lebenslänglich“, dann ist das tatsächlich ein nur schwer erträglicher Zustand. Das Thema „Innere Sicherheit“ wird ständig wichtiger. Wir leben in unruhigen Zeiten. Es passieren Dinge, die uns lange als undenkbar erschienen. Globale Träume verwandeln sich in globale Albträume. Viele unserer Probleme ragen tief in die inneren Angelegenheiten benachbarter und ferner Staaten hinein. Die regelbasierte Weltordnung wird zur Ramschware. Diplomatie macht Pause. Reichweiten werden verlängert.

Das nun vorliegende Buch wirft nicht nur Fragen auf. Es macht Lösungsangebote. Die Federführung hat der frühere Polizeipräsident von Essen, Frank Richter. Mitglied im Beirat der Brost-Akademie. Er ist Experte im besten Sinn: Ideologiefrei und lösungsorientiert. Die Mitherausgeberin ist Frau Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl. Sie forscht und lehrt an der Hochschule der Polizei in Brandenburg. Ein Schwerpunkt ist „Opferschutz“. Ihr Forderungskatalog ist Fahrplan zu dringlichen Verbesserungen auf diesem Feld.

Es ist wichtig, nein unverzichtbar, dass die sehr verdienstvolle Organisation „Weißer Ring“ mit ihrem stellv. Vorsitzenden Herrn Dr. Patrick Liesching hier vertreten ist. Wir brauchen valide Informationen und abgewogene Meinungen. Dafür stehen mit Sicherheit auch Frau Tina Bommert, leitende Kriminalbeamtin in Essen und Herr Peter Müller, Bundesverfassungsrichter a. D. und Ministerpräsident a. D. Jetzt will ich etwas verraten, Herr Müller wurde vor 14 Tagen in das Kuratorium der Brost-Stiftung gewählt. Dessen Mitglieder wollen ihn demnächst zu ihrem Vorsitzenden wählen.

Zurück in unseren Vorgarten: Wir dürfen diskutieren und Bücher schreiben. Der Staat muss handeln. Zumindest unser Innenminister Herbert Reul hat hier vor uns angekündigt, verstärkt präventiv wirken zu wollen, um kriminelle Milieus aufzulösen. Aber auch Institutionen und zivile Strukturen des Opferschutzes müssen ausgebaut und gestärkt werden. Jeder Bewohner dieser Region ist eingeladen, seinen persönlichen Beitrag zu leisten: in seinem Umfeld und damit für eine wohnliche Zukunft unseres Staates.

Ich verspreche: Die Brost-Stiftung wird am Thema bleiben. Jetzt freue ich mich zunächst unseren Herrn Oberbürgermeister Kufen an das Mikrofon zu bitten. Die Diskussion wird der bewährte Innenexperte, Herr Schneider, für uns moderieren. Ich danke herzlich.