„Woanders ist überall“-Ausstellung von Dieter Nuhr in der Essener Kreuzeskirche – 28. Mai 2024

„Woanders ist überall“
Ausstellung von Dieter Nuhr in der Essener Kreuzeskirche

Grußwort:
Prof. Bodo Hombach

28. Mai 2024

Verehrter, lieber Herr Ministerpräsident Wüst,

verehrter, lieber Herr Oberbürgermeister Buchholz, verehrter, lieber Herr Nuhr!
Verehrte, liebe Gäste jedweden selbst gewählten Geschlechtes!

Die Brost-Stiftung begrüßt Sie alle sehr herzlich.

Psychologische Reaktanz verbreitet sich! Das ist die Motivation, die sich gegen übergriffige Bevormundung aufbäumt. Die sehnt sich nach Wiederherstellung eingeengter oder eliminierter Freiheitsspielräume. Das kann emanzipatorisch sein. Das kann missbraucht werden. Herr Trump lebt gut vom: „Endlich sagt einer, was wir nur denken dürfen“. Unser Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung im November `21 betont: „Eine Politik der Mitte beschäftigt sich nicht mit Ideologien, sondern mit der alltäglichen Realität der Menschen.“

Das braucht Menschen, die uns helfen, ein realistisches Bild unserer Welt zu gewinnen. Herr Nuhr lässt sich dabei von selbstermächtigten Gesinnungswarten und Sprach-Controllern nicht aufhalten. Gesinnungskunst ist nicht sein Ding. Dafür schätzen wir ihn! Heute werden wir Fotogemälde des studierten bildenden Künstlers Dieter Nuhr sehen. Die Ausstellung wird u.a. nach Wien, München, Florenz, Paris, Havanna, Rotterdam weiterziehen. Wie auch die Vorgänger-Ausstellungen „Von Fernen umgeben“. Die war Versuch, neuartige Aufmerksamkeit fürs Nahe zu wecken, für unsere Region mit ihren ungewöhnlich durchlässigen Rändern.

Die wirtschaftliche und kulturelle Dynamik der Ruhr-Region saugt auf und strahlt aus. Sie ist damit zwangsläufig Objekt im globalen Wandel. Von „Fernen“ also nicht nur umgeben, sondern disponiert und befrachtet. Der neue Titel ist mehr Appell als Interpretation. „Woanders“ ist überall. – Der wortmächtige Herr Nuhr hinterlegt mit seinem Titel kein Wortspiel oder Aphorismus. Er ist Quintessenz seiner „Expedition ins Landesinnere“. Dieter Nuhr erkundet das Ruhrgebiet unter historischer Perspektive. Aber – und das ist subjektive Wahrnehmung – es geht nicht um Dokumentation oder Fest-Stellung. Es geht um Kraftfelder und Prägendes. Die identifizierbaren Metaphern heißen „Brücke“ und „Begegnung“. Das „Woanders“ ist nicht notwendig bedrohlich fremd. Es ist das eigentlich Normale. Es ist folglich „überall“. Der Homo Sapiens ist unterwegs durch Flucht und Vertreibung. Noch mehr sind mental entwurzelt und unterwegs wegen aufgemischter Lebensumstände und rasanter Irritation aller Weltbilder.

Ich denke an die Zeile aus Rilkes „Sturmnacht“: „Himmel von hundert Tagen über einem einzigen Tag.“ Eine solche Ausstellung ist scharf auf Begegnung und Auseinandersetzung.
Die sich Selbstguten und Gefallsüchtigen können sich ruhig provoziert fühlen. Da erkennt man den ganzen Dieter Nuhr wieder. Dem nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt. Diesmal ist er nicht wort-, sondern ausstrahlungsaktiv. Der Ausstellende will sich und uns mit dem „Woanders“ immer neu kontaminieren. Ich danke dem Künstler, der sich auf dieses Abenteuer eingelassen hat, und dass er uns ein bisschen mitnimmt.

Gegenwind motiviert!

Ich danke Ihnen und allen künftigen Besuchern, die diesen Impuls aufgreifen und für sich verarbeiten. Ich danke unserem Kuratoriumsmitglied und Ministerpräsidenten, dass er uns und Herrn Nuhr als Laudator die Ehre gibt.