„Brost Ruhr-Preis“ 2022 – Weltkulturerbe Zeche Zollverein, 07. Juni 2022
Verleihung
Brost Ruhr-Preis 2022
Laudatio:
Prof. Bodo Hombach
07.Juni 2022
Verehrte Gäste,
liebe Trägerinnen des Brost-Ruhr Preises 2022,
wir haben mehr Gäste, als hier versammelt sind. Unsere Preisträgerinnen leisten Großartiges. Gleichermaßen repräsentieren sie ein großes Geschehen. Das ereignet sich – auch in diesem Moment – abseits der Bühne und leise.
Menschen sind am Ende ihres Lebensweges. Durch Krankheit, Unfall, oder natürliches Erlöschen ihrer Kraft. Wie einst am Anfang, brauchen sie jetzt Kraft, Wissen und liebevolle Zuwendung der anderen.
Beim Neugeborenen sorgt unsere Natur dafür, dass wir bedingungslos schützen und pflegen
wollen. Beim Sterbenden ist dieser innere Antrieb offenbar schwächer ausgebildet. Hier braucht es Willen und Selbstachtung der Gesellschaft!
Die unantastbare Würde des Menschen, auch auf dem letzten Weg, ist zu wahren. Bedingungslos. Nicht nur caritativ, auch mit Wissen und Methode. „Palliativ“ sagen wir.
„Pallium“ hieß das schützende und wärmende Schultertuch der alten Römer. Menschen, die sich hier engagieren, verdienen Hochachtung. Wir sollten nach jedem eine Straße benennen. Mit ihrem Jahrespreis kann die Brost- Stiftung ein kleines Zeichen setzen.
Wir ehren drei bedeutende Persönlichkeiten.
- Frau Dr. Marianne Kloke baute als Internistin die Klinik für
Palliativmedizin an den Kliniken Essen Mitte auf und leitete das Netzwerk Palliativmedizin in Essen. Unermüdlich setzte und setzt sie sich für die Verbreitung des Palliativgedankens und seiner humanen Umsetzung ein. Sie tut das auch noch im Unruhestand. Sie lehrt an
der Evangelischen Hochschule in Bochum. Ihre Kolleginnen und Kollegen, wie ihre Studenten, zollen ihr hohen Respekt. Für ihre einfühlsame Kompetenz bin auch ich Zeuge. - Frau Dr. Nicole Selbach wurde auch bei Frau Dr. Kloke ausgebildet. Heute ist sie Fachärztin für Innere Medizin und leitet den ambitionierten, modern und breit aufgestellten Palliativbereich des Knappschaftskrankenhauses in Bochum. Humane Praxis und ständiges Forschen sind ihre tägliche Leistung. Aber wie es sich in einer Universitätsklinik der Ruhr-Universität gehört, sind intensive, vernetzte Forschung und Vermittlung ihr ebenso wichtig.
- Die Dritte im Bunde ist Frau Dr. Ferya Banaz-Yasar. Sie ist diplomierte Biologin und Heilpraktikerin und koordiniert die Hospizarbeit am Universitätsklinikum Essen. Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt der Kultursensibilität bei der palliativmedizinischen Versorgung. Unter anderem schult sie Ehrenamtliche für die Sterbebegleitung von
Menschen islamischen Glaubens. Eine noch zu wenig beachtete, aber immens wichtige Herausforderung.
Herzlichen Dank und Glückwunsch an alle drei Persönlichkeiten. Das meinen wir so ernst, dass wir in diesem Fall den Preis nicht dreiteilen, sondern verdreifachen. So kann jede Ausgezeichnete das Preisgeld an eine gemeinnützige Initiative ihrer Wahl weiterleiten. Die vom Bochumer Künstler Marcus Kiel gestaltete „Trophäe“ ist natürlich persönlicher Besitz.
(Unterbrechung zur Preisübergabe)
Wir haben ein beeindruckendes Büchlein mit dem Titel „Ecce Homo!“ (Seht da: Der Mensch) zum Brost-Ruhr-Preis gelegt. Die Künstlerin Marti Faber und der Schriftsteller Ulrich Harbecke haben sich mit bewegenden Zeichnungen und Texten ganz zu den Menschen gestellt. Sie erörtern nicht das Thema, sondern geben ihm Gesicht und Stimme.
Apropos Buch. Die diesjährige Entscheidung hat gute Gründe. Sie hat auch einen besonders klugen Anreger. Vom Tod meiner Mutter betroffen, sprach ich mit Herrn Professor Dr. Eckhard Nagel. Er weitete meinen Blick für Relevanz und Komplexität unseres Themas. Es geht um verstärkte medizinische Forschung, um ethische und religiöse Grundfragen und die praktische Gestaltung einer Lebensphase, die das individuelle und kollektive Selbstverständnis – nicht nur tangiert, sondern in ihrem Kern definiert.
Der inhaltliche Inspirator unseres Projektes wird gleich ein aufklärendes Buch vorstellen. In dem melden sich Menschen zu Wort, die etwas zu sagen haben. Experten auf ihrem Teilgebiet, aber alle mit der Sensibilität menschlicher Betroffenheit.
Das gibt dieser Preisübergabe zusätzlichen Raum, Begründung, Nachhall und Nachhaltigkeit. Ich wünsche dem Buch gemeinnützige Nebenwirkungen. – Wenn es Risiken haben sollte, dann für bisherige Ahnungslosigkeit.
Ich danke Herrn Prof. Dr. Nagel sehr.
Ich danke unserer Moderatorin – Frau Andrea Oster, die dem WDR Stimme gibt. Sie wird unsere großartigen Gäste gleich protokollgerecht vorstellen.
Ich danke den Mitwirkenden und Ihnen allen herzlich.
Wir werden in einer Stunde klüger sein, als wir es jetzt sind.