„Volksparteien – Auch in Zukunft noch Gestalter des Gemeinwohls?“

ZOOM – Diskussionsveranstaltung

28. Mai 2021

Begrüßung:
Professor Bodo Hombach

Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,

ich begrüße Sie zu diesem Video-Treffen unter Corona-Bedingungen. Inzwischen haben wir das geübt. Aber dank Ihnen und unseren interessanten Gästen ist es eine neue Form der Öffentlichkeit geworden. Man muss sie nicht lieben. Man muss sie nutzen. Wenn das Virus
endlich weggeimpft ist, werden wir das Sozialleben mit Freude wieder einüben.

Der verordnete Abstand zueinander hat den Trend von der Klassengesellschaft über die Gruppengesellschaft zur Grüppchengesellschaft gefördert.

Demokratie ist Konzept vom friedlichen und geordneten Umgang. Ins Konzept gehören frei gewählte und abwählbare Volks-Repräsentanten. „Volkspartei“ – das Wort wirkt merkwürdig, wenn man es angesichts aktueller Nachrichten wörtlich nimmt. „Wir sind das Volk!“, riefen
Demonstranten der friedlichen Revolution. Sie kämpften für Freiheit, Demokratie und gegen ein diktatorisches Regime. „Wir sind das Volk!“, rufen auch Pegida-Anhänger, Reichsbürger und Neo-Nazis. Sie kämpfen für die Abschaffung von Freiheiten und Demokratie.

Volksparteien suchen Anhänger und Wähler in allen Bevölkerungsschichten. Sie führen Interessen zusammen. Sie formulieren tragfähige Kompromisse. Gegen Polarisierung und Wortgefecht setzen sie das „kraftvolle Sowohl-als-auch“ der realen Welt. Daraus entstehen Gestaltungskraft und -macht.

Volksparteien der alten Bundesrepublik hatten verschiedene Rollen im gleichen demokratischen Stück. Konflikte waren da, aber geregelt. Jede Partei suchte Zustimmung bis weit in die Mitte. „Die Mitte“: Damals wusste man noch, wer das war und wo die war. Die Westdeutschen
gewöhnten sich an die Demokratie. Wirtschaftlicher Erfolg gab ihnen Recht.

Die Volksparteien hatten eine stabile Basis: Die tradierten Milieus, die klare Verortung im Kalten Krieg, die Unlust des deutschen Michels am Experiment. Unter dem Deckel wandelten sich Realität und Bewusstsein. Es kamen die Jugendrevolte der 1968er, die Welle der Bürgerinitiativen, Ein-Thema-Bewegungen für Frauenrechte, Frieden, und besonders nachhaltig für Umwelt.

Jede Bewegung wurde zu Anfang bekämpft und zuletzt absorbiert. Milieus lösten sich auf. Der Kalte Krieg scheint vorbei, zumindest auf Widerruf. Neue und andere Mehrheiten bilden sich. Die Parteienlandschaft wurde unübersichtlich. Der Wahlzettel länger.

Die sogenannten „alten Volksparteien“ sind nicht mehr die alten. Sie üben neue Rollen ein. Das Publikum zögert mit Applaus. Gleichzeitig gilt es, Erreichtes zu verteidigen: Demokratie, Menschenrechte, bürgerliche Freiheiten, das Recht aller Bürgerinnen und Bürger auf ein entfaltetes Dasein in einer sich ständig entfaltenden Zukunft.

Der Schwur der Gewählten lautet : „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“

Ich begrüße einen großartigen, kampferprobten Kenner des heutigen Themas: Herrn Norbert Walter-Borjans. Er war Finanzminister im NRW-Kabinett Kraft. Nun ist er Frontmann der Sozialdemokratie. Herzlich willkommen und Dank für geschenkte Zeit!

Wir werden erfahren, ob das Konzept der zusammenführenden „Volkspartei“ noch gewollt ist. Braucht es ein Aggiornamento, ein Heutigwerden, um die Aufgaben zu bewältigen? Sind Verlässlichkeit und Breite des Spektrums nur Placebo nach dem Motto „Sie kennen mich“, oder
sind sie Gebot der Stunde in einer gespaltenen Gesellschaft?

Lieber Herr Walter- Borjans,
wir lassen Sie bei dieser thematisch heiklen Mission nicht allein. Wir haben weitere wunderbare Gäste: Frau Prof. Dr. Ursula Münch ist Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing, Frau Diana Kinnert ist Politikerin, Publizistin und Unternehmerin.

Moderieren wird Herr Michael Hirz, Journalist und Moderator, ehemaliger Programmchef von phoenix. Ein GEZ-TV, das Gebühren wert ist. Er wird unsere Gäste gleich protokollgerecht vorstellen.

Ihnen großen Dank und freundliches Willkommen, auch an die Zuschauer, die sich später zu Wort melden können.

Herr Hirz, ergreifen Sie das Ihrige. Ich schalte auf Empfang