Japan – Bemerkungen zum Videogespräch mit Herrn Generalkonsul Iwama und Herrn Hetkämper

Von Prof. Bodo Hombach

28. August 2020

Noch glaubt das Virus, alles mit uns machen zu können. Wir werden ihm zeigen, dass es sich irrt. – Unsere Trümpfe sind: Empathie, Fantasie, freie Forschung und Kooperation.

Die Corona – Krise ist – wie jede Krise – ein Augenblick der Wahrheit. Schlagartig wird deutlich, in welcher Verfassung wir sind. Autokraten erweisen sich als Papiertiger. Offene Systeme können angepasst reagieren. Abschottung ist antiquiert. Die brutale Globalisierung durch das Virus zwingt zur internationalen Zusammenarbeit.

Japan gilt hier bei uns als „Daniel Düsentrieb“ der technologischen Moderne. Wer vor den Regalen der Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik steht, sollte Japanisch können. Unter den beiden Verlierern des Zweiten Weltkriegs ist Nippon zweifellos der größere Gewinner.

Auch Angela Merkels Kernkraft – Moratorium nach der Fukushima-Katastrophe ist – auf dialektische Weise – eine Verneigung vor dem großen Partner im Osten. An einer Technologie, die sogar Japan nicht verlässlich beherrschen kann, können wir nur scheitern. Da muss es eine Alternative geben.

Japan und Deutschland sind Nachbarn, nämlich auf Platz 3 und 4 der global größten Exportnationen. Konkurrenzkampf wäre schädlich. Fairer Wettbewerb ist vorteilhaft für beide.

Deutschland konnte und kann vieles vom fernen Partner lernen. Zum Beispiel die kompromisslos hohe Bewertung der Bildung für eine moderne Gesellschaft. Auch das duale System arbeitet konsequent und erfolgreich. Die Entwicklungsabteilungen der großen Unternehmen kooperieren eng mit den Universitäten. – Ich kann mir keine Zukunft vorstellen, wo es anders wäre.

Aus diesem Grunde habe ich Japan häufiger mit Freude und Neugier bereist.

Japan zählt zu den innovativsten Ländern der Welt. Im „Global Innovation Index“ belegt es Platz 14 von 130 Volkswirtschaften. Das Beispiel sollte Schule machen bei allen, die hier noch Lernschwächen haben. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz stehen ganz oben auf der Hitliste. Auch hier wünsche ich mir einen eng getakteten Erfahrungsaustausch. Nicht nur technologisch. Wir müssen das Machbare mit dem Wünschbaren harmonisieren.

Alle modernen Gesellschaften stehen unter Druck. Die rasanten Wandlungen der Gegenwart erzeugen schroffe Gegensätze. Das führt zum Identitätsverlust großer Gruppen. Japan hat das früh erkannt und zum Hauptthema der Sozialwissenschaften gemacht. Nur wer auf sicherem Boden steht, riskiert einen Schritt oder gar einen Sprung.

Ich habe mir sagen lassen, die Samurai des 17. Jahrhunderts hätten sich zur Beamtenschicht gemausert, ohne ihre Kampftechniken zu vernachlässigen. Das würde ich mir auch für Deutschland wünschen. Man stelle sich vor: Behörden nicht als Abklingbecken, sondern als Kampfplatz für die Rechte und Interessen der Bürger!

Mich fasziniert die japanische Esskultur. In einigen Restaurants kommt der Koch persönlich an den Tisch, in manchen ist der zugleich der Ofen. In allen zeigte man mir die Rohstoffe, bereitete sie vor meinen Augen zu: eine vertrauensbildende Maßnahme, schlicht und wirksam zugleich. Der Duft weckt die Sinne, elektrisiert die Nerven des Geschmacks. Das Ergebnis ist ein Ikebana für Gaumen, Nase und Herz. – Das nenne ich lebendige Tradition. Man muss es 1000 Jahre geübt haben, um es zu können.

Worum wir die Japaner auch beneiden sollten?– Sie haben die deutlich höhere Lebenserwartung. Trotz täglicher Erdbeben auf vulkanischem Untergrund.