„Unternehmenskommunikation“ mit Thomas Hüser (Medienbüro Hüser) – HBRS, 12. April 2016

Meine Damen und Herren,

ich begrüße Sie und unseren Gast, Thomas Hüser. Er leitet eine große PR-Agentur in Essen und kann uns sein Berufsfeld beschreiben. Wie bringt man Themen auf die öffentliche Agenda? Was bedeuten Konsistenz, Prägnanz und Wiederholung einer Botschaft? Braucht man Medien oder Veranstaltungen oder beides?

Diese Veranstaltung braucht Zeit für unser Gespräch. Deshalb von mir nur ein paar einführende Bemerkungen.

Wir haben einen Verdacht. Die Kommunikation der Gesellschaft hat sich radikal verändert. Das wissen Sie aus Ihrem Alltag. Das wissen auch die Institutionen und Unternehmen. Und das ist keine flüchtige Mode. Es greift tief ein. Die klassischen Muster funktionieren nicht mehr.
Nehmen wir ein Großprojekt der Infrastruktur. Früher wurde das in kleinen Zirkeln ausgedacht und in den gewohnten Bahnen durchgesetzt. Die Zeichner zeichneten. Die Planer planten. Die Ingenieure konstruierten.

Politik und Wirtschaft waren sich im Grundsatz einig. Die einen lieferten Ideen und Modelle. Die anderen die Gesetze. Und war der Nutzen erkennbar, stand auch bald die Finanzierung.
Die Unternehmen hatten klare Bedingungen und langfristige Perspektiven. Die Öffentlichkeit vertraute den Fachleuten. Sie sah die Ergebnisse. An der Entwicklung war sie nicht beteiligt. Wenn die Planung stand, war sie kaum noch zu beeinflussen.

Mit der Jugendrevolte der 1968er kam Bewegung auf. Die neue Generation definierte sich nicht mehr über Krieg und Nachkriegszeit. Sie litt unter den Widersprüchen in der Gesellschaft. Ihre Probleme lagen auf höherem Niveau als Wiederaufbau und Wirtschaftswunder. Sie wollte ihrer Zeit den eigenen Stempel aufdrücken. Die Methoden waren diffus und emotional. Die Reaktion des „Establishments“ erschrocken und hilflos.

In den 1970er Jahren ging es um Frauenbewegung, Friedensbewegung und Anti-Atom-Bewegung. Mit den Themen verbreiterte sich die Palette politischer Ausdrucksformen. Es war die Zeit der Bürgerinitiativen. Viele mit Volksfestcharakter.

Großprojekte wurden im Vorfeld diskutiert. Mit Gesinnung und Leidenschaft, aber auch mit Zuwachs an Sachkenntnis. Die Gruppen blieben jedoch überschaubar und wurden von den „Ordnungskräften“ kurzgehalten. Die „gutbürgerliche“ Mehrheit beobachtete das Gerangel um Kernkraftwerke oder neue Startbahnen ohne Emphase. Entscheidungen fielen noch immer „upside – down“ und nicht „downside – up“.

Die Medien waren „Einweg-Kommunikation“. Zwischen Ereignis und Vermittlung verging viel Zeit. Das machte Spontaneität zum Einzel- und Sonderfall. Die Öffentlich-rechtlichen hatten das Monopol in Rundfunk und Fernsehen. Sie waren viel zu ängstlich und gesittet, um Volkes Stimme ungefiltert zuzulassen. Allenfalls in den dritten Programmen tauchten neue Sendeformen auf. Nach dem Motto „Anruf erwünscht“ konnten sich Zuschauer in die laufende Sendung einmischen. Echter Bürgerrundfunk gelang nur im lokalen Bereich der ersten Kabel-Versuche.

Ich überspringe 30 Jahre. Jetzt ist Internet und digitale Revolution. Alles ist anders. Alles ist neu, und zwar radikal:
– Gleichzeitigkeit von Ereignis und Wahrnehmung.
– Schwellenloser Zugang zu Informationen und Herrschaftswissen (siehe Panama-Papers).
– Totale Verfügbarkeit durch mobile und handliche Geräte.
– Vernetzung gigantischer Massen.
– Grenzenlose Speicher.

Die politische Klasse brauchte lange, um das radikal Neue zu erkennen. Sie ist zutiefst verunsichert. Sie lässt sich treiben. Sie verzichtet auf die Gestaltung der neuen Situation. Man hat kein klares Konzept. Man wartet ab, man hält hin, man verzettelt sich in verbalem Geplänkel. Man sucht nicht mehr den gemeinsamen Nenner, sondern das größte gemeinsame Vielfache. Ich nenne das schleichende Selbst-Delegitimierung.

Dringliche Jahrhundertaufgaben (Domestizierung der Finanzmärkte, Euro- und Schuldenkrise, EU-Turbulenzen usw.), aber auch Großprojekte der Infrastruktur, wie etwa die Energiewende, verheddern sich in den täglich wechselnden Ansagen.

Der Verzicht auf Politik in den gewählten Gremien ermächtigt Verwaltung und Bürokratie. In der Bevölkerung dringen anarchische und chaotische Verhaltensmuster vor.

Gesamtgesellschaftliche Vorhaben werden zwar theoretisch befürwortet, praktisch aber boykottiert, wenn sie zu Unbequemlichkeiten im Nahbereich führen.

Soviel ist klar: Wirtschaft und Gesellschaft stehen nicht nur vor neuen Aufgaben. Sie stehen vor neuartigen Aufgaben. Es geht nicht – wie schon immer – um innovative Ideen für erfolgreiche Produkte. Jetzt geht es vor allem um Akzeptanz. Ohne sie sind auch die besten Ideen nicht mehr durchsetzbar.

„Akzeptanz“. Herr Hüser, das ist Ihr Stichwort. Wie geht man vor? Auf gut Glück oder nach erprobten Regeln? Ist die Gesellschaft das unbekannte und sprunghafte Wesen, oder kann man ihr auf die Sprünge helfen? Wie würde man zum Beispiel VW oder der Deutschen Bank zu einem neuen Image verhelfen? – Sie haben das Wort.

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