„Im europäischen Porzellanladen“ – Handelsblatt, 17. Januar 2014

Es war schon immer so: Man kann einer guten Sache keinen schlechteren Dienst erweisen als sie durch unzulängliche Mittel zu verteidigen. Negative Beispiele, die das auf europäischem Parkett belegen, häufen sich in bedenklicher Weise. Verbale Kraftakte beherrschen Schlagzeilen.
EU-Kommissionspräsident Barroso rügt die Deutschen für das, was die eigentlich als Tugend empfinden, nämlich gute Produkte, die sich im Ausland erfolgreich verkaufen lassen.
EZB-Chef Draghi unterstellt uns eine „perverse Angst“ vor Inflation. Er löst damit einen Sturm der Entrüstung aus und muss zurückrudern. Das sei ein Übersetzungsfehler soll er „mit einem breiten Grinsen“ (FAZ) gesagt haben.
Übersetzungsfehler in einer Behörde, wo schon ein Nebensatz die Börse auf Talfahrt schicken kann? Das sollte alarmieren. „Breites Grinsen“ beunruhigt nicht nur die persönlich Anwesenden.
Handelskommissar Karel De Gucht (Belgien), der schon daheim nicht als Versöhner von Flamen und Wallonen auffällig wurde, dafür aber den Handelskrieg mit China anheizte, steht nun als Steuerhinterzieher am Pranger. Über das „Beinchen“, das die Kommission der deutschen Energiewende stellt, kann die noch übel stolpern.
Viviane Reding, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, legt den Briten in harscher Form den EU-Austritt nahe, weil die sich über die Auswirkungen problembringender Freizügigkeit Sorgen machen. In diesem Land soll demnächst das Volk über die Mitgliedschaft in der EU entscheiden.
Horst Seehofers vorbeugende Begrüßungsparole für neue EU-Mitglieder „Wer betrügt, der fliegt“ diente nicht nur dazu, die Stimmung an weiß-blauen Stammtischen, auf denen der „Globus von Bayern“ steht, herunterzukühlen. Als EU-Granden das soziale Netz Deutschlands auch für Zuwanderer breiter geöffnet sehen wollten, kochte Volkes Stimmung hoch.
Es klirrt im Porzellanladen. Brechstange statt Samthandschuh. Hinter jedem Busch lauern anti-europäische Populisten. Verbale Fehlgriffe werden dankbar aufgenommen. Die Schüsse aus Brüssel gehen nach hinten los. Europafreunde entwerten sie die guten Gründe, EU-Nörglern bestätigen sie die schlechten.
Die große Aufgabe: Wie kann man die EU referendumsfest machen? – So nicht.