„Die deutsche Energiewende in internationaler Dimension“ – BAPP, 10. September 2013
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
auch ich begrüße Sie, im Namen der Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik BAPP.
Lieber Herr Präsident, lieber Herr Dr. Heumann,
Ihnen danke ich nicht nur für die Kooperation bei diesem so wichtigen Thema, sondern auch für die wunderbare Einstimmung. Es ist gut, hier in Berlin Ihr Gast zu sein. Wir haben nicht nur einen wichtigen Anlass, sondern sind auch in einem äußerst kompetenten Kreise.
Energie – kaum ein anderes Wort elektrisiert so wie dieses. Schon immer war es der Stoff, aus dem Fortschritt wächst. Die Entdeckung neuer Energiequellen und deren Nutzung hat hohe Aufmerksamkeit. In den langen Zeiten der Subsistenzwirtschaft war jeder sein eigenes Kraftwerk.
Die technische Zivilisation entfesselt gewaltige Kräfte. Das ist ein Spiel mit dem Feuer. Das bedarf sinnvoller Steuerung. Es begeistert und inspiriert die einen. Es ängstigt andere. Wenn neue Entscheidungen fällig sind, polarisiert es fast alle.
Energiewenden sind nichts Neues. Die gab es oft. Die Gegenwärtige ist allerdings von umfassender Bedeutung. Unsere Generation stellt die Weichen für die Folgenden.
Statt dem „magischen energiepolitischen Dreieck“ sehe ich ein Parallelogramm aus vier Vektoren: Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, ökologische Verantwortbarkeit und – noch viel zu wenig beachtet – soziale, materielle Vertretbarkeit.
In Deutschland erleben wir die Götterdämmerung der Kernenergie. Wir erleben die Ökonomisierung von Sonne und Wind. Wir erleben Energieriesen, die Marathonlauf eingeübt haben und plötzlich auf Zuruf sprinten sollen. Da alles Hals über Kopf geschieht, könnte das Jahrhundertprojekt zum Hindernislauf werden und scheitern.
Anstoßgeber kollidieren immer mit Anstoßnehmern. Innovationen brauchen begeisterte Protagonisten. Sie brauchen auch ein günstiges Umfeld. Ihr Problem: Es gibt eine Unterdeckung an förderlichen Strukturen: einen Überfluss an Ängstlichen, Zweiflern und Bremsern. Die realen Bedingungen widersetzen sich aber manchen politischen Wünschen.
Das soll uns nicht melancholisch stimmen. Eine Idee, deren Zeit gekommen ist, ist stark. Die Natur macht es vor: Nicht das Robuste und Starre erzeugt den Fortschritt, sondern meist das Fragile und Schwankende. Es weckt die nötigen Kräfte. Widerstand macht sie nicht schwächer, sondern stärker. Wer Entwicklung will, darf Bewegung nicht fürchten. Er muss sie wollen und suchen. Das Unvorhergesehene, das den Zeitgenossen als Chaos und Krise erschien, war oft Motor für das Neue.
Öffentlicher Raum entsteht nur, wenn man ihn beansprucht. Deshalb setzt eine offene Gesellschaft auf Diskurs und Dialog. Sie fährt gut damit: Probleme, aber auch Lösungen muss sie nicht mühsam suchen. Sie kommen ihr entgegen und fressen ihr aus der Hand.
Aus diesen Gründen sind wir hier zusammengekommen. Wenn wir wieder auseinandergehen, werden wir ein bisschen klüger sein. Da bin ich ganz sicher und freue mich, dabei zu sein dürfen.
Noch einmal herzlich willkommen und schönen Dank.