Rede: „Akzeptanzkrise von Großprojekten in Politik und Wirtschaft. Beispiel Fracking“ – Uni Bonn, 12. Juni 2013

12. Juni 2013 – Sommersemester

Meine Damen und Herren,

kurze Erinnerung an den Politikunterricht:

Autokratische Systeme verzichten auf die Teilhabe der Betroffenen. Die Wege sind
kurz und undifferenziert. Widerspruch ist nicht vorgesehen und wird geahndet. Das
bedeutet Verzicht auf mögliche Alternativen. Entscheidungen fallen rasch. Ihnen fehlt
jedoch die Legitimation durch Akzeptanz. Das ersetzen sie durch den Nimbus der
Unfehlbarkeit. Eine falsche Entscheidung ist deshalb kaum revidierbar. Sie wird gegen
alle Einsicht und Realien durchgesetzt, meist unter großen Opfern und bis zum
bitteren Ende.

Demokratie ist Teilhabe. Sie fördert nicht nur, sie ist das öffentliche Gespräch und
erzeugt so einen Überfluss an Alternativen. Man kann die vermutlich bessere wählen.
Entscheidungen legitimieren sich durch Akzeptanz. Sie suchen den Ausgleich
der Interessen auf zwei Wegen:

· Was sich nicht gegenseitig stört, darf nebeneinander existieren.
Und:
· Nur wenn das nicht möglich ist, soll die Mehrheit entscheiden.

Entscheidungswege sind komplex und langwierig (oft auch glanzlos und langweilig).
Experimente dürfen scheitern. Falsche Entscheidungen werden früher erkannt und
ohne große Schäden korrigiert.

Zurück in die Niederungen des konkreten Alltags.

Wir leben in einer Zeit dramatischer Umbrüche und rasanter Entwicklungen. Hier nur
ein paar Aspekte:

  • Die Globalisierung beseitigt klassische Distanzen.
  • Autokratische Systeme geraten unter Druck von Massenbewegungen, die sich über die Neuen Medien artikulieren und organisieren.
  • Die Weltbevölkerung wächst exponentiell und erhebt Anspruch auf die Annehmlichkeiten der technischen Zivilisation.
  • Entsprechend wächst der Rohstoff- und Energiebedarf – bei gleichzeitig abnehmenden Ressourcen.
  • Umweltkatastrophen erzeugen ein Umweltbewusstsein gegen verbrauchende Strukturen.

Sie können diesen Katalog beliebig ausbauen.

Sind wir diesen Herausforderungen gewachsen? Haben wir die Spannkraft für langfristige Perspektiven und akut pragmatische Lösungen? Oder verhakt sich die Gesellschaft in polarisierenden Lagerkämpfen?

Wie steht es in unserem Land um die Durchsetzbarkeit großer Projekte? Wie groß ist
die Weisheit und Kompetenz der Weichensteller? Gibt es noch einen Grundkonsens,
auf den sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft verständigen, um die anstehenden
Aufgaben zu bewältigen?

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