„Logische Fehlleistung oder Frei handeln statt frei lauschen“ – Handelsblatt, 12. Juli 2013

„Geschieht Mutter ganz recht, wenn ich mir die Hände erfriere. Warum kauft sie mir keine Handschuhe!“

Der Witz beschreibt zurzeit einige surreale Verhaltensweisen im internationalen Kontext. Wer darüber nicht lachen kann, hält absurdes Handeln offenbar für korrekt und sinnvoll.

Da ist das Problem mit der Daten-Sammelwut der Geheimdienste. Sie gefährdet in letzter Konsequenz, was sie eigentlich schützen soll: Die freie – und das heißt – auf Vertrauensvorschuss gegründete Gesellschaft.

Da ist auch die Idee eines gemeinsamen Marktes von USA und EU, zweifellos ein Jahrhundertwerk, das allen Beteiligten große Vorteile bringt, vor allem Deutschland und dem von Bürokraten irregeleiteten Europa. – Diese sollten sich sogar beeilen, denn jenseits des Atlantiks verstärkt sich der Trend, nach langer Abstinenz wieder auf die eigene Produktion zu bauen („buy American“). Uncle Sam will nicht mehr nur Kunde sein, sondern auch Anbieter. Er will sich nicht auf die Kollektion aus Silicon Valley beschränken. Die Schiefergasrevolution senkt seine Energiepreise radikal. Bei seiner enormen Power und Risikolust steht zu erwarten: Wo er den Warenkoffer öffnet, müssen sich Konkurrenten warm anziehen.

Das heißt nicht, Europa müsse um Kaugummi und Schokolade betteln. Es heißt auch nicht, es müsse sich klaglos auf jede Heftzwecke setzen, die ihm der große Bruder auf den Stuhl legt („Er wird sich schon etwas dabei gedacht haben.“) Gut bezahlte Kommissare in Brüssel oder Spitzenkandidaten der deutschen Opposition sollten aber fähig sein, die logischen Ebenen rational im deutschen Interesse auseinanderzuhalten.

Datengier und freier Handel haben nämlich nichts mit einander zu tun. Es handelt sich um andere Interessen und andere Akteure. Es gibt sogar Amerikaner, denen es schummrig wird, wenn aus der totalen Überwachung die totalitäre wird. Es wäre doch gut und nützlich, ihnen an der Theke zu begegnen und das gemeinsame Problembewusstsein zu fördern.

Wenn es unter Freunden Kommunikationsprobleme gibt, hilft nur eines: Kommunizieren – auf möglichst jeder Ebene und vor allem dort, wo es beiden Seiten nützt. Es hilft nicht, einem geschürten Misstrauen nachträglich neue Gründe zu liefern.

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